Im Butzbacher Kinder- und Jugendhilfezentrum Waldfrieden informierte sich die SPD-Bundestagskandidatin und Kreistagsabgeordnete Natalie Pawlik gemeinsam mit der Landtagsabgeordneten und Wetterauer SPD-Vorsitzenden Lisa Gnadl, dem Butzbacher Bürgermeister Michael Merle und der Stadtverordneten Sophia Miller bei der Geschäftsführerin von Mission Leben, Maike Henningsen, und der Einrichtungsleitung Martina Schneider über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Kinder- und Jugendhilfe. „Irgendwie haben alle nur auf diese Welle gewartet und ich kann Ihnen sagen: Die Welle kommt genau jetzt! Wir haben wöchentlich etwa 20 neue Anfragen, unsere Inobhutnahme-Stellen sind voll, das ist untypisch. Normalerweise hätten wir jetzt ein Sommerloch“, erklärte Martina Schneider. „Die aktuelle Situation stellt eine große Herausforderung für uns dar. Unsere Ressourcen sind ohnehin schon eng. Nun kann die Menge an Hilfen kaum bewältigt werden und der Markt an Fachkräften ist leergefegt“, ergänzte Maike Henningsen.
Eine weitere Herausforderung sei, dass die Problemlagen nun immer komplexer würden und Personengruppe auffällig würden, die neue Angebote bräuchten. „Es ist ein großer Prozentsatz an Familien dazugekommen, die eigentlich ohne Hilfen klarkommen. Die Überforderungen während der Corona-Pandemie wie Geldsorgen, Stress und Enge haben viele Probleme befeuert. Bei vielen Kindern sind Suchtproblematiken aufgetreten, die sonst nicht zum Vorschein gekommen wären“, erläuterten Henningsen und Schneider weiter. Genau hier möchten die SPD-Politiker und -Politikerinnen anpacken. „Das bedeutet für uns, dass wir unsere Angebote in der Kinder- und Jugendarbeit neu ausrichten und aufbauen müssen. Die Langzeitfolgen und Abwärtsspiralen für Familien und Kinder wären ansonsten verheerend. Deshalb wollen wir gerade präventive Maßnahmen aufstocken“, erklärte Natalie Pawlik. „Es ist wichtig für Kinder und Jugendliche Gegenangebote zu schaffen und die Eltern an die Hand zu nehmen. Reitstunden statt Playstation, Fußball statt YouTube, gemeinsames Kochen statt Chips“, bestätigte Martina Schneider. „Wir arbeiten aktuell bereits an Schulungen und Workshops zum Umgang mit der Medien- und Internetnutzung für unsere Mitarbeitenden und Eltern. Auch die körperliche Betätigung der Kinder ist wichtig, um Aggressionspotentiale zu verringern und Frustessen entgegenzuwirken“, ergänzte Maike Henningsen. Dafür seien niederschwellige Angebote nötig.
„Ich erlebe und treffe häufig Menschen, die als Stützen eines kranken Systems fungieren, ohne es selbst zu merken. Das bedeutet für junge Menschen aber eine lange Leidensgeschichte, bis sie tatsächlich Hilfe bekommen“, berichtete die Landtagsabgeordnete Lisa Gnadl. „Häufig ist der Weg ins Amt eine riesige Hürde. Die Familien haben Angst, dass direkt nach dem Anruf das Kind weg ist”, bestätigte Martina Schneider. „Je früher die Familien Unterstützung bekommen, desto besser greift die Hilfe und desto kürzer sind die Leidenswege der Kinder“, ist sich Michael Merle sicher. In Butzbach möchte er weitere attraktive, dennoch niederschwellige Angebote für Familien und Kinder schaffen. „Wir wollen Kitas zu Kinder- und Familienzentren ausbauen und über das Quartiersmanagement in der Gemeinwesenarbeit mehr Vernetzung zwischen allen Beteiligten in der Kinder- und Jugendpflege schaffen“, erklärte der Bürgermeister weiter.
Zudem erlebten Kinder und Jugendliche häufig einen Bruch, wenn staatliche Hilfen aufhörten und ganz plötzlich eine unbegleitete Selbstständigkeit beginne. „Der Übergang der Kinder und Jugendlichen von staatlichen Hilfen in die Selbstständigkeit und das Erwachsenen leben ist häufig schwierig. Deshalb ist es wichtig, alle Akteure vor Ort zu vernetzen und Kooperationen zu stärken, um den jungen Menschen niederschwellige und ineinander übergehende Anlaufstellen in der Fläche zu bieten“, so Maike Henningsen. „Wir werden uns auch deshalb für eine bessere Vernetzung zwischen den Beteiligten einsetzen“, bekräftigten die SPD-Politiker und -Politikerinnen. Begeistert zeigten sie sich vom IntraLab von Mission Leben, dem bundesweit ersten Innovationsbüro für soziales Unternehmertum. „Dort können sich Menschen bewerben, die im Sozialbereich einen Bedarf sehen und Entwicklungsmöglichkeiten dafür aufmachen“, erklärt Maike Henningsen. „Ein wichtiger Impuls für die Arbeit im Sozialwesen und unser politisches Wirken. Ich bin begeistert von dem Engagement und den vielen frischen Ideen bei Mission Leben“, so Natalie Pawlik.
Information: Mission Leben betreibt neben der Jugendhilfeeinrichtung „Waldfrieden“ in Butzbach das Friedberger Karl-Wagner-Haus, eine Hilfeeinrichtung für Menschen in sozialen Notlagen und die Gederner Altenpflegeeinrichtung „Haus Vogelberg“.