Das Jahr 2007: Beim ersten Mal musste Lisa Gnadl kämpfen, um für die SPD zur Landtagswahl 2008 antreten zu dürfen. Die junge Frau weiß, dass es knapp werden wird. Sehr knapp. Am Ende entscheidet nur eine Stimme.
Lisa Gnadl ist eine politische Frau aus einem politischen Elternhaus. Ihr Vater war Bürgermeister in Glauburg und lange der Landrat des Wetteraukreises. Dennoch ist Lisa Gnadl ihren ganz eigenen Weg in die Politik gegangen. „Ich bin anders als mein Vater, auch wenn wir viele Ziele gemeinsam haben.“
Ihre ersten Erfahrungen in der Politik sammelt Lisa Gnadl früh.
Sie beweist schon in der Schulzeit, dass sie bereit ist, hohen Aufwand für ihre Ziele zu betreiben. Sie geht auf die Gesamtschule Konradsdorf. Sie ärgert sich damals darüber, dass es auf der Schule keine Oberstufe gibt und man für das Abitur auf ein Gymnasium wechseln muss. „Ich weiß noch genau, wie sich das angefühlt hat. Wir wollten nicht länger hinnehmen, dass wir an unserer Schule kein Abitur machen können. Wir wollten das gleiche Recht an unserer Schule.“ Viele hätten sich geärgert und es dann hingenommen, doch Lisa Gnadl wusste von Kindesbeinen an, dass man für die Dinge kämpfen muss, die man erreichen will. So begann sie, sich für die Einrichtung einer Oberstufe in Konradsdorf zu engagieren.
Die Forderung ist leichter aufgestellt als erreicht. Der Kampf um die Oberstufe an ihrer Schule begleitet Lisa Gnadl lange in der Schulzeit. „Wir haben ein Schülerteam gebildet, das sich dafür einsetzt. Wir haben Demos organisiert und haben deutlich gemacht, dass wir nicht aufgeben werden.“ Für Gnadl kommt der Erfolg zu spät. Ihre Schwester wechselt die Schule, sie will unbedingt mit ihr zusammenbleiben und wechselt mit. Aber sie gibt ihr Ziel deshalb nicht auf. „Mir war klar, ich erreiche die Einrichtung der Oberstufe jetzt gewiss nicht mehr für mich, aber ich kann sie noch immer für andere erreichen. Darum habe ich weitergemacht.“ Gnadl schafft es schließlich gemeinsam mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern, dass heute auch in Konradsdorf das Abitur gemacht werden kann.
Für Gnadl ist dieser Erfolg der Anfang ihrer politischen Karriere. Sie weiß nun: Kämpfen lohnt sich, und bei den Jusos Wetterau lernt sie andere kennen, die ihre Ideale teilen. Jusos – das ist die Jugendorganisation der SPD. „Da habe ich mich eingebracht, Themen entwickelt und auf die Straße gebracht. Es waren meine Themen und meine Ideen.“ Von Anfang an macht sie sich dort gegen Rechtsextremismus stark. Ihr Engagement für Demokratie bleibt für sie ein dauerhaftes Anliegen. Bis heute. Auch ihr Studium schließt sie erfolgreich ab und beginnt zuerst an der Universität in der Forschung zu arbeiten und dann in der Verkehrs- und Marktforschung.
„Dann wurde klar, dass der örtliche Landtagsabgeordnete aufhört. Das ist ein Moment, in dem man weiß, entweder ich trete jetzt an, oder der Posten ist lange von jemand anderem besetzt.“
Als es zur Entscheidung in der SPD kommt, weiß Gnadl, dass sie hinten liegt. „Ich wusste, entweder ich überzeuge mit einer Rede, oder meine Kandidatur scheitert.“ Deshalb bereitet sie sich gewissenhaft vor. „Ich habe mir Leute gesucht, die mir ehrlich meine Schwächen aufgezeigt haben. Das mache ich bis heute so. Ich will immer wieder kritisch hinterfragt werden, sonst wird man als Abgeordnete nicht besser.“ Gnadl hält ihre Rede, und es bricht Applaus im Raum los. Sie hat die Hoffnung, dass es reicht. Die Wahlzettel werden ausgeteilt. Die Mitglieder machen ihr Kreuz, und es wird ausgezählt. Unerträgliche Minuten des Wartens. Dann steht die Entscheidung fest. Sie hat mit einer Stimme Mehrheit gewonnen. Eine Stimme, die nicht nur Lisa Gnadls Lebensweg grundlegend verändert, auch eine Stimme, die die SPD Wetterau bis heute prägt. Die Überraschungssiegerin von einst wurde vor knapp einem Jahr zur Vorsitzenden der SPD Wetterau gewählt.
Gnadl überzeugt nicht nur in der Partei, sondern sie wird auch von der Bevölkerung mit damals gerade einmal 26 Jahren per Direktmandat in den Landtag gewählt. Dort engagiert sie sich für viele Themen ihrer Heimat. „Ich bin eine starke Stimme gegen den Rechtsextremismus und für die Leute auf dem Land. Wir brauchen Busse und Bahnen, wir brauchen gute Schulen und vernünftiges Internet.“ Dass ihr Oberhessen am Herzen liegt, merkt man ihr an. Hier ist sie als Kind aufgewachsen, und hier lebt sie heute mit ihrer eigenen Familie. Gnadl arbeitet viel für ihren Wahlkreis und erreicht selbst aus der Opposition heraus immer wieder Erfolge für ihre Wählerinnen und Wähler. „Ich konnte einiges erreichen, aber um wirkliche Verbesserungen erreichen zu können, braucht man Regierungsverantwortung und eine Mehrheit im Landtag. Wenn aus der Opposition heraus so viele kleine Dinge möglich sind, was können wir dann erst erreichen, wenn wir regieren?“
Wenn Gnadl über ihre Themen spricht, dann fängt sie Feuer. Dann merkt man, wie sehr sie für die Sache brennt. Trotz all dieser Begeisterung ist sie sich auch in einer anderen Frage treu geblieben. „Ich wohne mit meinem Mann und meinen Kindern zusammen und mit meiner Schwester. Wir haben drei Kinder und meine Schwester zwei. Wir acht sind eine starke Familie. Wir unterstützen uns gegenseitig. Die Familie gibt Kraft und Geborgenheit für unsere Kinder.“ Ihr Wahlkreisbüro hat Lisa Gnadl mittlerweile bei sich zu Hause, so kann sie mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen.
Lisa Gnadl ist eine neue Politikerin in einer neuen Zeit. Sie bringt Familie und politisches Engagement zusammen.