
Auf Einladung des Regionalbauernverbands Wetterau-Frankfurt besuchte die Landtagsabgeordnete Lisa Gnadl zusammen mit der Kreisbeigeordneten Stephanie Becker-Bösch, mit Dr. Matthias Görlach aus dem Arbeitskreis Landwirtschaft und ländlicher Raum der Hessen-SPD und den Mitgliedern des Arbeitskreises Regionalentwicklung, Umwelt und Wirtschaft der Wetterauer SPD-Kreistagsfraktion den Landwirtschaftsbetrieb des Ehepaars Rahn-Farr in Büdingen-Rinderbügen. Andrea Rahn-Farr, die erste Vorsitzende des Regionalbauernverbands, begrüßte die Besucher gemeinsam mit Verbandsgeschäftsführer Florian Dangel, Kreislandwirt und stellvertretendem Vorsitzenden Michael Schneller sowie dem ehemaligen Wetterauer Kreislandwirt Herwig Marloff.
Während des Rundgangs über den auf Milchwirtschaft spezialisierten Hof mit seinen rund 400 Kühen zeigte Andrea Rahn-Farr den SPD-Politikern vor allem die Nachzuchtstation, in der der Landwirtschaftsbetrieb alle für den eigenen Bedarf benötigten Kälber und darüber hinaus auch Milchkühe zum Weiterverkauf aufzieht. Während die kleinen Kälbchen in sogenannten Kälberiglus heranwachsen, in denen sie gleichzeitig geschützt sind, aber gleichzeitig über viel frische Luft und optimale Lichtverhältnisse verfügen, zieht das Jungvieh in den Liegeboxen-Laufstall um. Erst im Sommer letzten Jahres wurde ein neuer Stall mit viel Auslauf für die Kühe bezogen, der mit Stroh aus dem eigenen Getreideanbau und von anderen Wetterauer Betrieben ausgestreut ist. Im August 2016 wurde der neue Kuhstall bezogen mit einem automatischen Melksystem, welches die Kühe anhand eines Chips in ihrem Halsband erkennt und nicht nur registriert, welche der Kühe noch nicht abgemolken wurde, sondern auch wie viel Milch die einzelnen Kühe geben. Im Schnitt sind das pro Jahr rund 10.000 Kilo Milch pro Kuh, so Andrea Rahn-Farr. Sie machte deutlich, dass die Analyse der Tierdaten wichtige Hinweise über die Verhaltensmuster der Kühe liefert und Abweichungen sehr frühzeitig Hinweise auf die Gesundheit und das Wohlbefinden geben. Auch wenn dies die Arbeit erleichtert, am Ende müssen sie aber mit dem ganzen Herzen dabei sein. Bei uns stehen die Bedürfnisse der Kühe immer im Vordergrund.
Aber nicht nur in der Milchproduktion, sondern auch in der Energiegewinnung ist der Betrieb von Andrea Rahn-Farr und ihrem Mann mit seinen sechs festangestellten Mitarbeitern und einem Auszubildenden aktiv. Die hofeigene Biogasanlage vergärt den Mist aus den Ställen und die Gülle der Rinder mit Silomais und Resten der Futtermittel. Mit dem erzeugten Gas wird in der Anlage Strom produziert, der ins öffentliche Netz eingespeist wird. Mit der entstehenden Wärme werden die Gebäude auf dem Hof beheizt, genauso wie eine Trockenanlage für Holz.
Im anschließenden Gespräch berichteten die Vertreter des Regionalbauernverbands den SPD-Politikern über die Themen, die die Landwirte in der Region im Moment besonders beschäftigen, etwa den Mangel an regionalen Verarbeitungs- und Vermarktungsmöglichkeiten wie z. B. Schlachthäusern in Südhessen.
Die fehlenden hessischen Schlachthäuser werden, so die Landwirte, dringend als zentrales Element für die regionale Vermarktung benötigt. Derzeit müssten die Tiere entweder nach Nord- oder nach Süddeutschland in die Schlachthöfe transportiert werden. Kürzere Wege seien hier notwendig. Doch leider gebe es beim Versuch, neue Schlachthöfe in Hessen zu planen, enorme regionale Widerstände, insbesondere, weil der Bezug zur Landwirtschaft in der Bevölkerung immer mehr verlorengehe.
Gerade die Tierhaltung ist immer ein Kompromiss. Unsere Bauern wollen Nutztiere, die fit, gesund und zahm sind und legen großen Wert auf eine gute Nutztierhaltung, so die Bauernverbandsvorsitzende. Was wir allerdings brauchen, sind klare gesetzliche Grundlagen, auf denen wir für die nächsten 20 Jahre planen können. Jungen Landwirten fehle sonst die Perspektive, mahnen die Landwirte an.
Dr. Görlach bekräftigte die Position der SPD-Fachleute, dass auch in Zukunft hessische Landwirte in erster Linie durch die Lebensmittelproduktion ihre Einkommensgrundlage haben müssen. Die Tatsache, dass Hessen seine Versorgung mit tierischen Lebensmitteln mittlerweile nur noch zu unter 40 Prozent aus eigener Kraft generieren könne, sei nicht akzeptabel. Regionale Lebensmittelproduktion, das Wohl der Tiere und Biodiversität in der agrarisch genutzten Landschaft seien Aufgaben, bei denen die Politik, insbesondere Kreise, Regierungspräsidien und Ministerium, nicht gegen, sondern mit den Landwirten arbeiten müssten. Diese Position unterstützt Gnadl: Die regionale Vermarktung ist für die Wetterau von großer Bedeutung, der Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft dient uns allen, nicht zuletzt den Verbrauchern in der gesamten Region.
Viele Landwirte in der Wetterau legen innerhalb der Initiative bienenfreundliches Hessen Blühstreifen auf ihren Ackerflächen an, auf denen Wildblumen wachsen können, die den Bienen bessere Lebensräume und Bedingungen bei der Nahrungssuche bieten sollen. Hier kritisierten die Landwirte die starren EU-Vorgaben zur Aussaat, die nicht immer in Einklang mit dem Wetter zu bringen sind.
Auch den Verlust an landwirtschaftlichen Flächen durch die Zunahme an Bau- und Gewerbegebieten sowie Straßen sehen die Landwirte kritisch.
Die Landwirte sind ein wichtiger Partner zur Stärkung des ländlichen Raumes und zur Erhaltung der Kulturlandschaft. Gemeinsam müssen wir für eine nachhaltige Landwirtschaft eintreten, denn es geht nicht nur um die Wirtschaftsgrundlage der Landwirte, sondern um die Nahrungsmittelversorgung von uns allen, blickte Gnadl optimistisch auf die weitere Zusammenarbeit.