Ein neues Sexualstrafrecht mit Signalwirkung – auch im Kreis Groß-Gerau

Nein heißt Nein! Nicht nur die Veranstaltung im Frauenzentrum Rüsselsheim stand unter diesem Titel. „Nein heißt Nein“ war auch das Motto einer langjährigen Initiative zur Veränderung des Strafrechts bei Sexualdelikten. Die Stärkung der Selbstbestimmung von Frauen über ihren Körper und die Erleichterung der Strafbarkeit standen dabei im Fokus. In diesen Tagen trat die Gesetzesnovelle in Kraft, die der Bundestag im Juli verabschiedete.

Kerstin Geis, Landtagsabgeordnete der SPD aus Bischofsheim, lud am Dienstag zu einer Info- und Diskussionsveranstaltung ins Frauenzentrum nach Rüsselsheim. Gekommen waren die Bundestagsabgeordnete Bettina Müller und die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Lisa Gnadl. Mit auf dem Podium auch Gisela Steinhauser von „Frauen helfen Frauen e.V.“. „Die meisten Frauen kommen wegen sexueller Übergriffe und Gewalt im häuslichen Bereich“ sagte die Geschäftsführerin des Vereins, der ein Frauenhaus und Beratungsstellen in Rüsselsheim und Groß-Gerau betreibt. Sie betonte, dass 95 Prozent solcher Delikte nicht zur Anzeige gebracht werden. Dass die Erleichterung der Strafbarkeit häuslicher Gewalt, solche Übergriffe bereits zurückdrängt sei schwer einzuschätzen und müsse zunächst eine begründete Hoffnung bleiben. Die Expertinnen aus der Beratung von betroffenen Frauen sind sich einig im Urteil, dass das verabschiedete Sexualstrafrecht längst überfällige und dringend nötige Neuerungen bringt. Das Gesetz ist ein Meilenstein zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung der Frau. So wurde die spätere gerichtliche Nachweisbarkeit von Sexualdelikten erleichtert. Betroffene Frauen können sich medizinisch betreuen und erlittene Verletzungen dokumentieren lassen, ohne zu entscheiden ob sie solche Übergriffe anzeigen. Auch genügt künftig ein „Nein“ zu Bekundung der fehlenden Bereitschaft zu sexuellen Handlungen. Zuvor mussten betroffene Frauen nachträglich mühsam beweisen, dass sie ihren Unwillen wirklich eindeutig erkennbar gemacht hatten. Nicht zuletzt, so betonte MdL Lisa Gnadl, bedeutet das neue Gesetz die Aufhebung der Ungleichbehandlung von Frauen mit Behinderung.

Erst durch die Silvesterereignisse in Köln kam die Gesetzesinitiative zum Abschluss und die nötige Mehrheit durch Unterstützung der Unionsparteien zusammen. Das fand in Rüsselsheim deutliche Kritik. Ging es zuvor noch vorrangig um die Sanktionierung sexueller Gewalt im häuslichen Bereich, standen nun verstärkt Übergriffe bei Großereignissen und in der Öffentlichkeit im Fokus. Auch bei Fastnacht-Veranstaltungen oder dem Oktoberfest, beschrieben viele der anwesenden Frauen, ist es Unsitte über Anzüglichkeiten bis zu sexueller Belästigung großzügig hinweg zu sehen. Es ginge somit um eine grundlegende Änderung der Einstellung zur Selbstbestimmung der Frau, zu sexueller Gewalt und zur gesellschaftlichen Ächtung von Grenzüberschreitungen.

Das Wesentliche an der Gesetzesänderung ist der Aspekt der Prävention und Bewusstseinsveränderung. Dazu machte auch Kerstin Geis Mut. „Selbstbewusstsein und ein gutes Körpergefühl seien wichtigste Voraussetzungen dafür, ein Nein erkennbar zu formulieren und sich zu wehren“, stellte die Landtagsabgeordnete abschließend fest.