Die Wetterauer Landtagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Lisa Gnadl, hat den schwarz-grünen Gesetzentwurf für eine Novelle der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) als mut- und konzeptlos kritisiert und sprach vor allem in Hinblick auf den Ausbau der Bürgerbeteiligung in der hessischen Kommunalpolitik von einer vertanen Chance.
So sei die von CDU und Grünen vorgesehene Staffelung der notwendigen Zustimmungsquoren, die erreicht werden müssen, damit ein Bürgerentscheid auf kommunaler Ebene Gültigkeit erlangt, nur ein Placebo. In allen Kommunen unter 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern komme es zu gar keiner Absenkung der Hürden für Bürgerentscheide. In diese Kategorie fallen auch alle Wetterauer Städte und Gemeinden.
Hessen hat im bundesweiten Vergleich mit die höchsten Zustimmungsquoren. Deshalb ist es wichtig und richtig, die Quoren für Bürgerentscheide abzusenken. Aber wenn man das macht, dann aber bitte auch so, dass es Wirkung entfaltet, so Gnadl.
Die SPD im Wiesbadener Landtag hatte in einem Änderungsantrag gefordert, auch die Rechte von beratenden Gremien wie Senioren- und Ausländervertretungen oder Jugendparlamenten zu stärken. Diese sollen nach den Vorstellungen der SPD ein Anhörungs- und Antragsrecht in den Gemeindevertretungen, Stadtverordnetenversammlungen und Kreistagen bekommen.
Auch die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahren bei Kommunalwahlen wollte die SPD festschreiben. Erst vor kurzem hat die Bertelsmann-Stiftung bestätigt, dass ein niedrigeres Wahlalter Jugendliche für das Wählen begeistern kann und man sogar hoffen darf, dass dieser Effekt sich auch über das 18. Lebensjahr hinaus erhalten bleibt. Wir könnten so also etwas für die Identifikation mit unserer Demokratie tun, begründete Gnadl die Forderung der SPD.
Gnadl kritisierte vor allem die Haltung der Grünen im Landtag: In ihrem Wahlprogramm haben Sie noch mehr Beteiligungsrechte und die Absenkung des Wahlalters bei Kommunalwahlen auf 16 selbst gefordert, so Gnadl. Jetzt stimme die Grünen-Fraktion gegen eine Ausweitung der Bürgerbeteiligung.
Strikt abgelehnt wird von der SPD auch das Vorhaben der Regierungsfraktionen, in Städten und Gemeinden bis 5.000 Einwohnerinnen und Einwohner ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zu ermöglichen. Bisher ist diese Option nur für Kommunen bis zu einer Bevölkerungszahl von 1.500 vorgesehen.
Sind Sie sich eigentlich der Auswirkungen bewusst? Soll Ihr Vorschlag eine versteckte Gebietsreform durch die Hintertür vorbereiten? Ich glaube Sie sind sich gar nicht im Klaren darüber, wie wichtig die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen in den ländliche Kommunen sind und was sie leisten! Wie das Arbeitspensum ein Ehrenamtlicher schaffen soll, bleibt mir schleierhaft, so Gnadl in ihrer Landtagsrede an die Adresse von CDU und Grünen.
Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende vermutet zudem, dass erst die Möglichkeit geschaffen werden solle, das Bürgermeisteramt auf Ehrenamtliche zu übertragen, bald aber finanzschwache Kommunen von der Landesregierung genötigt würden, ihre hauptamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister abzuschaffen. Dabei seien es die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die die Interessen Ihrer Städte und Gemeinden auch gegenüber der Landesregierung vertreten müssten. Außerdem stemmen in den kleinen Gemeinden die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister einen gewichtigen Teil der Verwaltungsaufgaben selbst. Wenn das Bürgermeisteramt jetzt von Ehrenamtlichen übernommen werden soll, müssten also zusätzliche Verwaltungsangestellte beschäftigt werden. Am Ende würden sich also kaum Einsparungen für die Kommunen ergeben, ist sich Gnadl sicher.
In Hinblick auf die schwarz-grünen Pläne sagte Gnadl bei der Beratung des Gesetzentwurfs: Ganz ehrlich, wenn ich an die betroffenen Kommunen in meinem Wahlkreis denke, dann wird mir ganz anders. Das sehen einige CDU-Kommunalpolitikerinnen und -Kommunalpolitiker übrigens genauso, aber selbst denen hört die CDU-geführte Landesregierung ja schon lange nicht mehr zu, kritisiert Gnadl. So hatte es etwa auch der christdemokratische Bürgermeister aus Kefenrod, Rudolf Kessler, als unrealistisch bezeichnet, das Bürgermeisteramt von Ehrenamtlichen ausüben zu lassen.
Gnadl wertet den Versuch der Landesregierung, hauptamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in den kleineren Gemeinden abzuschaffen als einen weiteren Schritt von CDU und Grünen, nach und nach die kommunale Selbstverwaltung auszuhöhlen: Mit der Idee der ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zeigen CDU und Grüne wieder einmal Ihre zutiefst kommunalfeindliche Politik! Mit den Auflagen des sogenannten Schutzschirms regiert die Landesregierung schon jetzt massiv in die örtliche Politik hinein und lässt den betroffenen Kommunen kaum noch eigenen Entscheidungsspielraum. Wenn jetzt auch noch das hauptamtlich ausgeführte Bürgermeisteramt in diesen Kommunen in Frage gestellt wird, werden diese Gemeinden noch wehrloser gegen die Eingriffe von oben. Es sieht immer mehr so aus, als würden CDU und Grüne insgeheim die langfristige Strategie verfolgen, kleine Gemeinden durch immer neue Attacken sturmreif zu machen, um sie anschließend abzuschaffen oder sie dazu zu nötigen, sich mit größeren Kommunen zusammenzuschließen. Das sollte die schwarz-grüne Regierung aber nicht durch die Hintertür versuchen, sondern sie sollte sich klar zu diesen Plänen bekennen, am besten vor der anstehenden Kommunalwahl, so Gnadl abschließend.