Lisa Gnadl enttäuscht über Antwort der Landesregierung: „Das Ministerium zeigt leider kein Interesse“

In einer Kleinen Anfrage hatte die Wetterauer Landtagsabgeordneten Lisa Gnadl (SPD) beim Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst gefragt, was die Landesregierung zu unternehmen gedenkt, um den Erhalt, die Verzeichnung und die Zugänglichkeit der Landesarchivakten in den drei Rentkammerarchiven (vorwiegend im Gebäude „Bandhaus“) in Büdingen zu sichern. Die Anfrage hatte darauf hingewiesen, dass die Teile „Landesarchiv“ die wichtigste ältere Überlieferung von etwa 60 Ortschaften enthalten und seit 1931 als herrenloses Gut weder verwaltet noch gepflegt werden.

Seit einem Treffen der damaligen Wissenschaftsministerin im Februar 2013 in Büdingen habe es eine Publikation „Zehn vormals standesherrliche Archive in Zentralhessen“ gegeben, die sich ausführlich mit der Rechtslage dieser Archive beschäftigt. „Leider scheint die Landesregierung sich mit diesem Thema nicht weiter auseinandergesetzt zu haben und beharrt weiter auf ihrem Standpunkt. Die in der Publikation dargelegte Rechtslage hat die Landesregierung wohl gar nicht zur Kenntnis genommen“, so Gnadl.

Dort sei eingehend erläutert, dass die drei Rentkammerarchive eben kein Privatvermögen waren, sondern von ihrem Begriff her Behörden der drei „standesherrlichen Häuser“ in Büdingen, Meerholz und Wächtersbach waren, die es vor 1919 noch rechtlich gab. So haben die Rentkammern für diese zum einen die staatlichen Rechte wahrgenommen, wozu auch das Recht gehörte, die Archive der bis 1816/15 von den Standesherren regierten Länder weiter zu verwalten. Diese Archive waren aber laut der Vereinigung für Heimatforschung Staatsarchive. Durch die Revolution von 1918 ist damit ihre Verwaltung automatisch an die Länder gefallen. Weiter sei nachzulesen, dass die Rentkammern zum andern das Vermögen dieser Häuser verwalteten. Das gesamte Vermögen dieser „Häuser“ machte das jeweilige Fideikommiss aus. Vermögen eines Hauses und Fideikommiss waren identische Begriffe. Privatvermögen hatten lediglich einzelne Mitglieder der Häuser als Privatpersonen.

„Obwohl der Minister einräumt, dass es sich um bedeutendes Schriftgut für die landesgeschichtliche Forschung handelt, ist er über Gespräche mit den ‚Vertretern des hessischen Adels‘ nicht hinausgekommen. An einer Klärung über die Rechtslage ist das Land nach wie vor nicht interessiert. Die Antwort der Landesregierung ignoriert völlig, dass es sich bei den „Landesarchiven“ um Eigentum des Landes Hessen handelt, das von den Fideikommissen nur verwaltet wurde“, zeigt sich die SPD-Abgeordnete enttäuscht.

„Der Minister behauptet, die gesamten Dokumente der drei Rentkammerarchive, die derzeit weder gepflegt noch verwaltet noch jedem öffentlich zugänglich gemacht werden und langsam verrotten, seien im Besitz der – wörtlich – Fürstlichen Familie. Das macht mich besonders ärgerlich. Zum einen rechtlich, da es keine Rechtsperson ‚Fürstliche Familie‘ gibt. Hier verwendet das Land Hessen nach wie vor Begriffe des aufgehobenen Adelsrechtes. Zum anderen, weil es zeigt, welche Denkweise hinter der Antwort des Ministers steckt. Er will sich offensichtlich nicht gegen die Familie Ysenburg-Büdingen stellen“, empört sich Gnadl.

„Es ist äußerst bedauerlich, dass fast hundert Jahre nach Aufhebung des Adelsrechts in Deutschland eine Landesregierung nicht in der Lage ist, ihre Interessen und damit die Interessen einer gesamten Region gegenüber einer Familie zu vertreten“, so Gnadl abschließend.