Jede und jeder wird gebraucht

Jens-Peter Schwieger, Gerhard Merz und Lisa Gnadl im Saal der Hamburgischen Bürgerschaft
Jens-Peter Schwieger, Gerhard Merz und Lisa Gnadl im Saal der Hamburgischen Bürgerschaft

Die beiden hessischen SPD-Landtagsabgeordneten Lisa Gnadl und Gerhard Merz nutzten die aktuelle parlamentarische Sommerpause, um sich im Bundesland Hamburg über neue Ansätze der Berufsorientierung und der besseren Begleitung von Jugendlichen beim Übergang von der Schule in die Berufsausbildung zu informieren. Hamburg gehe mit seiner vor knapp zwei Jahren gegründeten Jugendberufsagentur neue Wege. Die Jugendberufsagentur vereine unter einem gemeinsamen Dach alle Institutionen und Angebote, die sich um Berufsorientierung, den Übergang von Schule zum Beruf und die Integration junger Menschen in den Arbeitsmarkt kümmern.

Die ausbildungspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Lisa Gnadl wies auf dringenden Reformbedarf in diesem Politikbereich in Hessen hin. „In Hessen sind rund 16 Prozent der jungen Menschen zwischen 25 und 35 Jahren ohne berufsqualifizierenden Abschluss. Bei fast einem Sechstel der Jugendlichen gab es also keinen gelungenen Übergang von der Schule in die Berufsausbildung. 120.000 junge Menschen haben damit schlechte Aussichten auf dem Arbeitsmarkt. Jedes Jahr kommen 17.000 Jugendliche dazu, die nach der Schule keine Berufsausbildung beginnen. Wenn man weiß, dass dieses eine Sechstel der jungen Menschen ohne Berufsausbildung gleichzeitig die Hälfte der Jugendarbeitslosen in Hessen ausmacht, sieht man, welche sozialpolitischen Probleme sich aus einer fehlenden Berufsausbildung ergeben. Junge Menschen ohne Berufsausbildung sind dabei nicht nur besonders stark von Arbeitslosigkeit betroffen. Auch von denen, die Arbeit finden, arbeiten überdurchschnittlich viele in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen und im Niedriglohnsektor, sie finden häufig nur Teilzeitstellen oder einen Zeitarbeitsjob. Das wirkt sich natürlich direkt auf die soziale Absicherung der Betroffenen aus, angefangen beim Anspruch auf Arbeitslosengeld bis hin zur späteren Rentenhöhe. Gleichzeitig beklagen sich schon heute viele Betriebe über mangelnden qualifizierten Nachwuchs. Eine bessere Begleitung der Jugendlichen nach der Schule auf dem Weg zu einer Berufsausbildung wäre also sowohl sozialpolitisch als auch volkswirtschaftlich ein Gewinn“, sagte Gnadl.

Genau an dieser Aufgabe arbeiteten unter dem Dach der Jugendberufsagentur die Hamburgische Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, das örtliche Jobcenter, die Landesbehörden für Schule und Soziales sowie die kommunalen Bezirksämter zusammen, um Jugendlichen beim Start in den Beruf Unterstützung aus einer Hand anzubieten. Wie der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, Jens-Peter Schwieger, im Gespräch mit Gnadl und Merz berichtete, gehe die Initiative dazu direkt auf Olaf Scholz, den Ersten Bürgermeister der Stadt Hamburg und ehemaligen Bundesarbeitsminister, zurück. Scholz habe sich persönlich zum Ziel gesetzt, dass kein Jugendlicher mehr auf dem Weg zu einer guten beruflichen Perspektive verloren gehen dürfe.

Gerhard Merz, sozialpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, sieht die Vorteile des Hamburger Modells vor allem in der Koordination der verschiedenen Unterstützungsangebote. „Mit der Jugendberufsagentur ist es in Hamburg gelungen, Berufsberatung, Arbeits- und Ausbildungsvermittlung sowie die Angebote der Jugendhilfe zu bündeln, besser auf aufeinander abzustimmen und für die Jugendlichen eine einheitliche Anlaufstelle zu schaffen, anstatt sie von einer Behörde zur anderen zu schicken. Ein großer Vorteil des Konzepts ist sicher auch, dass die Betreuung der Jugendlichen schon ab dem achten Schuljahr beginnt und anschließend lückenlos bis zur erfolgreichen Vermittlung in berufsqualifizierende Ausbildung weiter besteht. Das ist in Hamburg mit seinen kurzen Wegen und der engeren Verzahnung von Landes- und Kommunalpolitik sicherlich schneller und einfacher umzusetzen als in einem Flächenland wie Hessen, aber auch bei uns wird an der besseren Abstimmung und Zusammenarbeit aller Beteiligten beim Übergang von der Schule in den Beruf kein Weg vorbei gehen“, so der SPD-Politiker.

Gnadl und Merz kündigten an, dass der sozial- und integrationspolitische Arbeitskreis der SPD-Landtagsfraktion ein Konzept ausarbeiten werde, mit dem auch in Hessen eine bessere Verzahnung von Angeboten im Übergangsbereich zur Berufsausbildung erreicht werden könne. „Das Motto der Hamburgischen Jugendberufsagentur lautet „Jede und jeder wird gebraucht“. Dieses Ziel müssen wir uns ebenso in Hessen setzen, auch wenn unser Weg dorthin aufgrund der Struktur unseres Bundeslandes etwas anders verlaufen wird. Die Jugendberufsagentur ist aber ein gutes Beispiel aus der Praxis, wie engagierte Politik unter sozialdemokratischer Führung reale soziale Verbesserungen bewirken kann, in diesem Fall besonders für junge Menschen und deren Familien“, sagten Gnadl und Merz unisono.