Lisa Gnadl (SPD): Land soll „Knebelerlass für die hessischen Kommunen“ zurücknehmen

Portraitfoto Lisa Gnadl

Die Wetterauer Landtagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Lisa Gnadl fordert, den „Knebelerlass für die hessische Kommunen“ wieder aufzuheben. Durch den sogenannten „Beuth-Erlass“ will das Land die Städte und Gemeinden dazu zwingen, für alle vor Ort erbrachten Leistungen kostendeckende Gebühren von den Bürgerinnen und Bürgern zu erheben.

„Erst hat die CDU mit dem Griff in den kommunalen Finanzausgleich dafür gesorgt, dass den hessischen Kommunen jährlich 350 Millionen Euro vorenthalten werden. Jetzt sollen die Städte und Gemeinden Einnahmeausfälle kompensieren, indem sie kräftig an der Gebührenschraube drehen. Das wird zu einer großen Belastung der Bürgerinnen und Bürger führen, die die Zeche für die verfehlte Finanzpolitik der Landesregierung zahlen müssen“, so Gnadl.

Der Erlass nehme den Städten und Gemeinden finanzpolitische Handlungsspielräume und beschneide so die kommunale Selbstverwaltung. „Viele hessische Städte und Gemeinden wurden auch schon in der jüngeren Vergangenheit durch das Land direkt oder indirekt gezwungen, lokale Steuern zu erhöhen und die kommunale Infrastruktur auszudünnen, also etwa Dorfgemeinschaftshäuser, Schwimmbäder oder Büchereien zu schließen. Investitionen vor Ort müssen wegen Geldmangels auf die lange Bank geschoben werden, was man etwa am Zustand der kommunalen Straßen sieht. Die meisten Städte und Gemeinden sind schon heute an ihren finanziellen Grenzen angelangt“, so die SPD-Abgeordnete.

Allein 2012 habe das jahresbezogene Defizit der hessischen Kommunen fast zwei Milliarden Euro betragen. Hessens Städte, Gemeinden und Kreise haben laut Gnadl bundesweit das größte Pro-Kopf-Defizit, die zweitniedrigsten finanziellen Zuweisungen durch das Land, die zweithöchsten Schulden, die zweithöchsten Sozialaufwendungen und den zweitniedrigsten Zuwachs an Steuerertrag seit der Finanzkrise. „Das kann man nicht durch einen lapidaren Erlass und die Erhöhung von Gebühren lösen. Stattdessen müsste die Landesregierung ihrer Verantwortung gegenüber den Kommunen gerecht werden und sie auf eine solide finanzielle Basis stellen, damit sie ihre Aufgaben für die Bürgerinnen und Bürger wieder besser erfüllen können“, fordert Gnadl.

Die prekäre Finanzlage und die immer stärkeren Einschränkungen der kommunalen Selbstverwaltung seien auch eine Gefährdung für die Demokratie vor Ort: „Im kommenden Jahr müssen die Listen für die Kommunalwahl aufgestellt werden. Den Mitgliedern in den Kommunalparlamenten wird aber durch Erlasse, Rettungsschirm-Auflagen und weitere Vorgaben von oben immer mehr Gestaltungsspielraum genommen. Gleichzeitig sollen die Stadtverordneten, Gemeindevertreter und -vertreterinnen der Bevölkerung immer neue Steuer- und Gebührenerhöhungen zumuten. Wenn sich hier nichts ändert, wird es immer schwieriger werden, geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für die Kommunalwahl zu finden“, warnt Gnadl.